Family-Skills sind ein, an der dialektisch-behavioralen Therapie (DBT) nach Marsha Linehan orientiertes, spezielles Training für Borderline-Angehörige und Betroffene.
Konfliktreiche Beziehungen sind mühsam und belastend für alle Beteiligten, deren Wohlbefinden leidet. Eine solche Dynamik geht nicht nur mit Gefühlen wie Unglück und Einsamkeit, sondern auch mit einem erhöhten Risiko für Depressionen, Angststörungen und Drogenkonsum einher. Das zeigt, wie wichtig es sein kann, die eigenen Beziehungen zu verbessern. Da die beschriebenen Dynamiken besonders häufig im Kontext einer Borderline-Erkrankung zustande kommen, richten sich Family-Skills-Kurse explizit an Angehörige und Betroffene dieser Erkrankung: Ganze Familien, Paare oder individuelle Betroffene und Angehörige können hier konkrete Strategien, neue Haltungen und Perspektiven kennenlernen, die hilfreich sind und dysfunktionale Muster durchbrechen können.
Die Idee der Family Skills geht auf Alan Fruzzetti zurück, der bei seiner Arbeit als Paartherapeut feststellte, dass nicht nur Borderline-Betroffene von Inhalten aus der DBT profitieren konnten. Folglich entwickelte er ein an Paare, Familien und Jugendliche angepasstes Programm, das auf den Grundsätzen der DBT basiert. Insbesondere bei Paaren in konfliktreichen und von heftigen Gefühlen geprägten Beziehungen beobachtete Fruzzetti, wie wirksam die DBT-Inhalte im zwischenmenschlichen Kontext sein können. Er erkannte, dass sie anders als bisher mit ihren Emotionen und der Beziehung umzugehen lernten. Diese Erfolge reichten so weit, dass die Teilnehmenden nach der Behandlung gemeinsam ein befriedigenderes und glücklicheres Zusammenleben gestalten konnten. Basierend auf diesen Beobachtungen setzen sich Family-Skills-Kurse das Ziel, die Teilnehmenden bei der Verbesserung ihrer Beziehungen zu unterstützen sowie ihnen und ihrer Familie zu einer Steigerung des Wohlbefindens zu verhelfen.
Inhaltlich verbinden die Family Skills Achtsamkeit, Emotionsregulation, präzisen Ausdruck und Validierung. Die Fähigkeit, achtsam und validierend sich selbst und anderen gegenüber zu sein, erhöht die Akzeptanz für sich selbst und das Umfeld. Grundsätzlich verfolgen die Family Skills denselben nicht wertenden Ansatz, der sich als Haltung in der DBT bewährt hat. Ein weiterer Fokus der Family Skills liegt auf Veränderungsprozessen. Durch die Erhöhung der Fertigkeiten zur emotionalen Selbstregulation, präzisem Ausdruck und effektiver Problemlösung können Invalidierung und negative Reaktionen gegenüber sich selbst und dem Gegenüber reduziert werden.
Damit verbindet das Training Akzeptanz und Veränderung als Grundlage für mehr gegenseitige Anerkennung, Wertschätzung und Verständnis. Dementsprechend werden hier auch die Bedürfnisse der Angehörigen thematisiert – deren Verletzungen, Hoffnungen und Sorgen im klinischen Alltag oftmals zu kurz kommen.
Anmerkung: Auch wenn die Tatsache, dass Family-Skills nicht als Kassenleistung in psychiatrischen Kliniken angeboten werden, gegenteiliges vermuten lässt, basieren sie auf fundierten Prinzipien und wissenschaftlicher Forschung.
Literatur
Konfliktreiche Paarbeziehungen zu einer liebevollen Beziehung finden mit Dialektisch-Behavioraler Therapie (with Fruzzetti, A. E.). (2019). CIP-Medien.
Trasselli, C., Auer, A. K. von, & Gunia, H. (2022). DBT-Familienskills: Ein Praxisleitfaden (1. Auflage). Hogrefe. https://doi.org/10.1026/03181-000